Der Weg zur Achtsamkeit – Rote Ampeln und weise Pferde

„Es lohnt sich immer an der roten Ampel auszukuppeln und sich kurz zu entspannen.“ sagte mir mein Fahrlehrer vor 7 Jahren und noch heute hilft mir der Satz zur Achtsamkeit.

Mir hilft es gerade dann, wenn ich unter Zeitdruck stehe oder anderweitig gestresst bin.
Bewusst den Fuß vom Pedal zu nehmen, einmal durchzuatmen und womöglich sogar kurz die Augen zu schließen bevor es bei Grün weitergeht.
Eine rote Ampel ist wie eine kleine Aufforderung zur Achtsamkeit und ich nutze sie nun meist zur aktiven Entspannung.
Den eigenen Stresspegel herunterzufahren ist oft nicht einfach.
Manchmal funktionieren wir modernen Menschen im Automodus und merken erst viel zu spät, wann wir uns zu viel aufgehalst haben.

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Für mich konnte ich feststellen, dass ein bewusstes Herausgehen aus der Situation in Zusammenhang mit einem deutlichen Ausatmen einige der wirren Energien besänftigen kann.
Es fällt mir nur nicht immer so schwer mich selbst daran zu erinnern.

Glücklicherweise habe ich fünf ganz tolle Pferde an meiner Seite, die mir dabei Unterstützung leisten – jeder auf seine Art.
Während der eine nervös und unruhig wird oder den Kopf von mir wegdreht, bleibt der andere felsenfest stehen und schaut mich mit hochgezogener Augenbraue an.

Wir alle haben in der Situation immer die Wahl wie wir reagieren.
Völlig egal, ob es sich um die rote Welle im Straßenverkehr handelt oder um unser Pferd, das sich entgegen unseres Wunsches verhält.
Entscheiden wir uns für den Ärger oder für ein beschämtes Lächeln?
Es ist immer lohnenswert einmal durchzuatmen, wenn wir gestresst sind oder der Ärger anderweitig droht in uns hochzukochen.
Vor allem in Gesellschaft unserer Pferde, ist es nötig, dass wir uns emotional und energetisch herrunterfahren können.
Das erfordert Zeit, Geduld mit sich selbst und vor allem die Muße an seiner eigenen Achtsamkeit und Entspannung zu arbeiten.

Oft bringen wir so viel emotionales Gepäck und Stress in den Umgang mit unseren Pferden, dass sie eine große Last mit uns (er-)tragen.
Jedes Pferd geht anders damit um.
Restlos alle von ihnen können es weniger gut ertragen als die rote Ampel oder unser Lenkrad, in das wir uns festbeißen.
Darum liegt es an uns, dass unsere Pferde mit dem emotionalen Wahnsinn möglichst nicht konfrontiert werden.

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Ich erlebe Pferde, die dem Menschen einen Ausgleich schaffen, in dem sie sich bewusst herunterfahren und energielos erscheinen.
Manche Individuen bremsen uns bewusst aus, in dem sie wie angewurzelt stehenbleiben.
Andere zeigen uns in ihrem Verhalten, unsere eigene gestresste Abscheulichkeit – Wut, Ärger, Ruhelosigkeit und Frust kommen uns völlig unverfälscht entgegen.
Wir können uns nicht aussuchen was unser Spiegelbild uns aufzeigt und mit welchem Finger unser Pferd auf uns zeigt, jedoch sollten wir es möglichst annehmen und damit umgehen lernen.

Natürlich sind unsere Pferde mehr als bloße Spiegelbilder.
Auch sie haben ihre Geschichte und ihre Emotionen zu verarbeiten.
Nicht immer muss es also an unserer Stimmungslage liegen, es lohnt sich dennoch die Ursache zu erforschen und genau zuzuhören.
In einer Situation des Ärgers, müssen wir versuchen uns bewusst zu werden, dass die Emotion keinen Einfluss auf die Umstände hat.
Die rote Ampel wird nicht schneller grün und unser Pferd wird auch nicht schneller das tun, wonach uns gerade ist.
Die Wut vergiftet uns nur selbst und ist eine Art Geißelung der eigenen Seele.
Gegenüber unseren Pferden ist dies ziemlich unfair, da sie die Emotionen immer auch irgendwie verarbeiten müssen.
Viele Pferde fühlen sich tatsächlich verantwortlich – einfach, weil sie den Unterschied nicht kennen und lediglich die pure Emotion spüren.
Jede Form von Ungeduld und Ärger ist letztlich auch positive Strafe.
Wir strafen uns, weil wir es nicht hinkriegen und das Pferd, weil es uns offenbar nicht verstehen kann und nicht das gewünschte Verhalten zeigt.
Dann darf eine Streicheleinheit oder ein Leckerlie auch mal eine Entschädigung sein, die auf emotionaler Basis eine Entschuldigung für das Pferd ist und von ihm sicherlich angenommen wird.

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Ich bin der festen Überzeugung, dass das Verbalisieren von unseren Gedanken hilft, das innere Bild zu klären und dem Pferd einen eindeutigeren Einblick zu gewähren, um die Situation zu entschärfen.
Außerdem hat es eine klare Wirkung für uns, denn wir werden uns in dem Moment unseren eigenen emotionalen Abgründen bewusst und können darüber lächeln.
Es gehört viel Empathie und emotionale Intelligenz dazu, in einer Diskussion einzulenken und sich von seiner emotionalen Flut wieder zu entfernen, um einen Schritt auf den Anderen zuzugehen.
Ich denke, dass unsere Pferde uns den Versuch wert sein sollten!

Frag dich im Umgang mit deinem Pferd warum du Recht behalten möchtest.
Möchtest du zu Gunsten deines Pferdes Recht behalten oder einfach, weil es jetzt so gemacht wird?
Die zweite Antwort hat ihren Ursprung häufig im Ego, welches im Umgang mit den Pferden zur stillen Achtsamkeit trainiert werden sollte.

Versuch beim nächsten Mal durchzuatmen und zu lächeln – sag danke Pony und verzeih‘ dir selbst!

Deine Kati von Equinality

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Hallo, ich habe dich gestern bei der „Pferdekonferenz“ kennengelernt und mir gleich mal deinen Blog angeschaut. Der Artikel (wie viele andere von Dir) spricht mich an. Gerade komme ich von meiner Stute zurück (ein früher, sonniger Sonntag-Morgen). Ich wollte heute „nur“ mit ihr grasen gehen und hatte mich schon darauf gefreut. Sonst steht sie oft schon am Paddock- Ausgang und wartet auf mich. Heute kam sie nicht. Ich ging zu ihr zum Heu, nach einiger Zeit kam sie frei mit mir mit. Kaum hatten wir allerdings den Paddock verlassen, drehte sie wieder um und stellte sich wieder vor den Paddock-Eingang. Eigentlich eine deutliche Ansage (da sie sonst immer sofort mitkommt). Ich fragte dennoch noch 2x an. Die Antwort war immer die gleiche und so stellte ich sie wieder zurück, da ich mir fest vorgenommen habe, sie nicht mehr zu zwingen. Schön fühlte sich das nicht an. Und eigentlich wollte ich doch nur etwas „ganz Tolles“ (so dachte ich jedenfalls) mit ihr machen. Heute mal bewusst keine Übungen auf dem Reitplatz etc. … Deine Schlussfrage, Kati, ob ich zu Gunsten meines Pferdes „Recht haben“ wollte oder „weil es jetzt so gemacht wird“, meine ich mit ersterem beantworten zu können. Was meinst Du, war es dennoch richtig, sie wieder zurück auf den Paddock zu bringen? Vielen Dank für Deinen schönen Blog!

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    • Liebe Birgit, eine Pauschalantwort wäre hier euch beiden gegenüber sehr unfair.
      Es kann ganz verschiedene Gründe haben, weshalb es sich für dich trotzdem unpassend angefühlt hat.
      Vielleicht ist es auch viel spannender dem Gefühl einmal Raum zu geben und zu sagen, dass es sich mal unpassend anfühlen DARF.
      Wie genau fühlt es sich an? In welchen Situationen ist das ein bereits bekanntes Gefühl? Und was kann ICH selbst tun, um das Gefühl ziehenzulassen?
      Das wären drei Kernfragen, die ich mir selbst beispielsweise stellen würde.
      Das Leben ist nicht nur rosa. Man darf auch auf die Schattenseiten schauen 🙂

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